Ein ereignisreiches Jahr – Teil 2

Privat

Ich war ohnehin gerade auf dem Weg ins Krankenhaus, seit der Einlieferung meines Opas fand mein Leben außer im Home Office überwiegend dort statt. Spätestens jeden zweiten Tag war ich dort um nach Opa zu sehen. 

Ich kam gerade von der Teststation – negativ – und fuhr ohne Umschweife nach Pasing ins Klinikum. 

Dort wurde die Schnelleinstufung gemacht, und mir wurde gesagt, man hätte einen Pflegedienst engagiert, den müsse ich nur noch anrufen. Meine Frage, ob das ein Pflegedienst sei, der Tag und Nacht bei Opa sein würde, wurde bejaht und ich müsse mich da um nix kümmern. 

Die Realität sah anders aus. 

Mein Opa wurde zwar tatsächlich tags drauf entlassen, aber zum einen kam die angekündigte Pflegekraft dann eine Stunde später als vereinbart, und das erste was sie zu uns (meinem Bruder, seiner Frau, Opa und mir) sagte war, daß es ohnehin viel zu weit sei, sie sei von Germering hergefahren (ca. 30 Minuten Fahrzeit) und überhaupt käme sie nur einmal in der Früh für die Medikamentengabe und einmal am Abend, alles andere sei unser Problem, und überhaupt, da stehe doch daß er besondere Nahrung brauche, wo die sei, und eine Thrombosespritze, wo sei die überhaupt? 

Unnötig zu erwähnen, daß niemand vom Krankenhaus mit uns über den Entlassungsbericht und was weiterhin zu tun sei gesprochen hatte, oder?

Ich fand im Nachhinein heraus, daß das gängige Praxis ist. Bei der Mutter einer Freundin lief es ähnlich ab. Entlassung Freitag Mittag, und als wir infolge der aktuellen Ereignisse mit dem Krankenhaus telefonieren wollten war niemand mehr erreichbar. 

Der Hausarzt war ausgelastet, der ärztliche Notdienst kommt nicht wenn der Hausarzt zuständig ist und ein anderer Hausarzt hatte keine Kapazitäten für einen neuen Patienten. 

Der Kommentar der Pflegekraft war, das sei unser Problem, da müssen nun jemand über Nacht hier bleiben und meinem Opa Nachts auch die benötigten Medikamente geben. Auf die Frage was wir bei einem Notfall tun sollten, oder wenn er sich, wie gerade eben bei ihr, verschluckte, ernteten wir nur ein Schulterzuucken, as sei nicht ihr Problem, sie müsse weiter, eigentlich wäre es ein Pflegenotfall und auch das Krankenhaus nicht zuständig, wir könnten nur hoffen, daß ein Notarzt ihn mitnimmt wenn wir den Krankenwagen rufen. 

Uns blieb auch nichts anderes übrig als genau das zu tun. 

Seit 14 Uhr war mein Opa zuhause, es war mittlerweile halb sechs und die Pflegerin verabschiedete sich, sie hätte keine Zeit mehr….

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir, der Hausarzt kann nicht, der ärztliche Bereitschaftsdienst darf nicht, ein anderer Arzt kommt nicht, also hingen wir in der Warteschleife des ärztlichen Notdienstes…. Der rief dann glücklicherweise zurück als ich gerade den Hausarzt mit seiner Absage in der Leitung hatte (der aber sonst wirklich sehr engagiert war, aber an dem Tag einfach keine Kapazitäten mehr hatte), und kaum hatte ich aufgelegt und sah dessen Handynummer im Display rief ich ihn zurück. Er erklärte sich bereit vorbeizukommen, was wir als Sieg verbuchten. Mittlerweile mussten mein Bruder nebst Frau wieder nach Hause, da die gemeinsamen Kinder alleine waren…..

Endlich kam dann der Arzt der Bereitschaftspraxis, der sich die Unterlagen durchsah und Gott sei Dank ein Einsehen mit uns hatte und meinte, das kenne er alles schon, die Leute würden operiert und dann auf die Straße geworfen, egal ob es Sinn macht oder nicht. Er unterschrieb Gott sei Dank die Einweisung ins Krankenhaus, da war es schon halb sieben, und um 20 Uhr rückte der Krankenwagen an und nahm Opa wieder mit, dieses Mal ins Krankenhaus in Fürstenfeldbruck. Dort wurde eine Entzündung und ein akuter Flüssigkeitsmangel festgestellt. Ich fragte mich, wie man ihn so hatte entlassen können? Aber die Kuh war gemolken, also Bett frei gemacht für die nächste…..

In den nächsten Wochen lag Opa dann in Fürstenfeldbruck, und da ich für meinen Lebensunterhalt arbeiten muss, genau wie mein Bruder und mein Mann, konnte ich meinen Job nicht einfach hinwerfen. Ich war jedoch glücklich, einen tollen Chef und tolle Kollegen zu haben, die Verständnis dafür hatten, wenn ich mitten am Tag einfach alles stehen und liegen ließ um zu meinem Opa zu eilen. 

Der Abschuß war dann, als es meinem Opa etwas besser ging von den Entzündungswerten her, er aber beileibe noch nicht genesen oder gar mobil war, daß das Krankenhaus anrief und mir mitteilte, ich sollte mir überlegen, ob meinen Opa am Nachmittag nicht einfach mit nach Hause nehmen wolle. 

Da mein Opa bis zu seinem Krankenhausaufenthalt alleine in seinem Haus gelebt hatte und in unserer zwei-Zimmer-Wohnung kein Platz mehr war (Homeoffice benötigt auch Ressourcen, seither platzt unsere Wohnung aus allen Nähten) und ich wie gesagt arbeiten musste, und keinen Laptop mein Eigen nannte, also von zuhause aus arbeiten musste, war das für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Auf meine Erklärung hin bekam ich von der Ärztin nur gesagt, da müssten halt mal die Angehörigen ran. Es kam wenig Verständnis von der Seite. Der Sozialdienst des Krankenhauses war zwar bereits seit geraumer Zeit involviert, aber es fand sich nicht auf Knopfdruck mal eben schnell ein Heim, das meinen Opa aufnehmen konnte. Und Pflege daheim kam für uns nicht in Frage, solange wir kein Fachpersonal dafür hatten. 

Denn wir wollten weder die Verantwortung dafür tragen, wenn etwas passierte, weil wir nicht ausgebildet waren, noch konnte mein Opa alleine bleiben, noch konnte jemand von uns von jetzt auf sofort aufhören zu arbeiten. 

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